Stara Zagora/Bulgarien: Buchpräsentation „My Wagner“ - 27. November 2021
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Im Zeitraum von 2010 bis 2017 hat der Generaldirektor der Oper Sofia and Ballett, Prof. Plamen Kartaloff, in enger Zusammenarbeit mit dem deutschen Musikprofessor Richard Trimborn, äußerst beachtliche und über die Jahre viel internationales Publikum anziehende Neuinszenierungen von Richard Wagners Musikdramen „Der Ring des Nibelungen“, „Tristan und Isolde“ und „Parsifal“ an der Oper Sofia herausgebracht. Es waren in allen drei Fällen erste rein bulgarische Inszenierungen und im Falle von „Tristan und Isolde“ und „Parsifal“ gar bulgarische Erstaufführungen. Man kann also durchaus von einer ungewöhnlich umfassenden und, was die damit intensivierte Wirkung des Wagnerschen Oeuvres in Bulgarien betrifft, auch visionären Leitung sprechen. Da war es naheliegend, dass Kartaloff die mit dieser Arbeit gemachten Erfahrungen und Überzeugungen sowie die gewählten Regiekonzepte in einem Buch zusammenfasste, welches über 1.000 Seiten umfasst. Dieses ist bereits im Mai diesen Jahres unter dem Titel „My Wagner“ in Sofia auf Bulgarisch erschienen. Am 31. Mai konnte ich auf Einladung Kartaloffs das Buch an der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften erstmals einem größeren, vorwiegend akademischen Publikum präsentieren. Ein Bericht dazu steht weiter unten.
Seine Eminenz, Cyprian; Prof. Plamen Kartaloff; K. Billand
Nun lud mich Plamen Kartaloff zu zwei *weiteren Präsentatione dieses Buches ein, und zwar in die bulgarischen Städte Stara Zagora und Russe, letztere den Wienern einmal als das „bulgarische Wien“ bekannt und an der östlichen Donau gelegen, gleich gegenüber von Rumänien und nur 75km von dessen Hauptstadt Bukarest entfernt.
Hier möchte ich einen kleinen Bericht zu unserer Tour nach Stara Zagor am 27. November geben, wo die Präsentation in der Staatsoper ebenso wie am 29. in Russe sehr gut vorbereitet war und auf großes Interesse stieß. Der Termin wurde so gewählt, weil in diesen Tagen das alljährliche Klassik-Festival in der *Staatsoper Stara Zagora stattfindet. Am Abend gab es Verdis „Ballo in maschera“. Ich glaube, es ist durchaus angebracht hervorzuheben, dass auch der Metropolit der Orthodoxen Kirche von Stara Zagora, Seine Eminenz Cyprian, teilnahm, der ein großer Musikfreund ist und auch selbst dirigiert. Es fand sich auch die weltbekannte Sopranistin Vesselina Kasarova ein, die aus Stara Zagora stammt, an fast allen großen Bühnen der Welt gesungen hat und als Schweizerin bei Zürich lebt.
Seine Eminenz, Cyprian; KS Vesselina Kasarova; Prof. Plamen Kartaloff; K. Billand
Nach einigen einleitenden Worten des Verlegers und Corresponding Members der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften, Ivan Granitski, und einem Willkommensgruß des Direktors der Staatsoper Stara Zagora, Ognian Draganoff, hielt der Buchautor Plamen Kartaloff ein paar einführende Worte. Er hat unter anderem im Laufe seiner langen Karriere als Opernregisseur und Intendant auch schon in Stara Zagora inszeniert.
Nachdem ein etwa zehnminütiger Trailer aus der Sofioter Produktion des „Ring des Nibelungen“ gezeigt worden war, ging ich auf den Werdegang der Arbeit Kartaloffs an den Musikdramen Wagners unter besonderer Hervorhebung des „Ring“ ab 2010 ein, den er als die erste ganz große Herausforderung gewählt hatte. Unter anderem schilderte ich die Motivation, Wagner in Bulgarien zu machen, die Überlegungen zur Auswahl des Regiekonzepts sowie der technischen und dramaturgischen Lösungen. Dabei ging ich auch auf das Instrument des sogenannten Story Boards ein, mit dem Kartaloff sicherstellte, dass die Musik aus der Partitur heraus szenisch bebildert wird – wohl ein wesentlicher Faktor für den Erfolg der Inszenierung. Es folgten Ausführungen zu den internationalen Tourneen mit dem „Ring“ nach Füssen im bayerischen Allgäu 2015, an das Bolschoi-Theater Moskau im Jahre 2018 und eine Visite ins belarussische Minsk mit „Siegfried“ schon 2012.
Staatsoper Stara Zagora
Nähere Schilderungen zu Kartaloffs im Buch detailliert wiedergegebenen Konzepten zu „Tristan und Isolde“ sowie „Parsifal“ folgten. Zu diesen beiden Werken hatte die Sofia Oper seit Mai zwei sehr gut gestaltete und technisch perfekte dreiminütige Trailer vorbereitet, sodass ich mit diesen die Ausführungen des Vortrags verdeutlichend untermalen konnte. Wieder bildeten die letzten Takte des „Parsifal“-Finales das Ende der Veranstaltung.
Es war erneut eine sehr schöne Erfahrung, so viele Details über den „bulgarischen Wagner“ in eine von Sofia relativ weit entfernt liegende Stadt zu bringen, wo der Komponist praktisch nicht gespielt wird. Das Publikum spendete lang anhaltenden Applaus. Viele Buch-Exemplare wurden anschließend verkauft. Der Vortrag wurde auf Englisch gehalten und synchron gedolmetscht.
Altrömisches Forum in Stara Zagora
Zur Tour nach Russe wird bald ein Bericht erscheinen. Dort gibt als alljährlich im März ein Klassik-Festival, welches vielleicht in Wien noch nicht allzu bekannt ist und durchaus eine Reise dorthin lohnen könnte. So spielte man dieses Jahr, wegen Covid 19 verschoben auf September, Arrigo Boitos „Mefistofele“…
Fotos: Klaus Billand
Klaus Billand