Innsbruck/Festwochen der Alten Musik: Jephte - 10. August 2020
„Und glücklich kehrt ewiger Gesang zurück“
Jesuitenkirche
So lautete zutreffend das Motto der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik vom 31. Juli bis 30. August in der Tiroler Hauptstadt, und man hat mit eindrucksvoller Einhaltung der Regeln der Corona-Krise ein sehr interessantes Programm zusammengestellt. Am 10. August wurde in der Jesuitenkirche das Stück „Jephte“ gegeben, Musik von Gian Giacomo Carissimi (1605-1674) und seinen Zeitgenossen im barocken Rom. Die sog. Historia di Jephte stammt aus dem alttestamentlichen Buch der Richter. Der charismatische Heerführer Jephte aus Gilead kämpft gegen die feindlichen Stämme Moab und Ammon. Für den Fall, dass er siegt, hat er gelobt, Gott das erste Lebewesen zu opfern, welches er bei seiner Rückkehr trifft. Er weiß nicht, das es seine eigene Tochter sein wird, ein altbekannter Topos aus der griechischen Mythologie.
Jesuitenkirche beim Konzert
Um dieses Thema herum gab das Vokalensemble Voces Suaves aus Basel, 2012 von Tobias Wicky gegründet, ein besinnliches Konzert mit Stücken von Carissimi und seinen Zeitgenossen Michelangelo Rossi, Bonifazio Graziani, Marco Marazzoli, Girolamo Frescobaldi, Francesco Lombardo, Filippo Vitali, Domenico Mazzochi und Giovanni Girolamo Kapsperger. Ein Romreisender schrieb zur Musik von Carissimi um 1650, als das Werk entstand, dass „Eine Musik von derartiger Süße und Harmonie auf Erden kein zweites Mal zu hören ist.“
Die Sopranistinnen
Diesen Eindruck konnte man bei der Motette per Alto, Tenore, Basso und Basso continuo sowie bei der „Historia de Jephte“, Oratorium für sechs Stimmen und Basso continuo auch leicht gewinnen. Orí Harmelin an der Theorbe, Vera Schnider an der Harfe, Michele Vannelli mit der musikalischen Leitung sowie an Cembalo und Orgel, und das Ensemble Voces Suaves musizierten und sangen die elf Stücke mit großer Emphase und einiger Kontemplation, sodass das Publikum, verstärkt durch die kirchliche Atmosphäre, bisweilen in bemerkenswerte Andacht verfiel.
Ensemble
Die „Lamentatio damnatorum“ von Carissimi wurde von einem perfekt aufeinander abgestimmten Herren-Terzett gesungen und mit der Orgel zurückhaltend begleitet. Im abschließendem Oratorium „Historia de Jephte“ vom selben Komponisten sangen die sechs Vokalisten mit guter Dynamik ausdrucksvoll, bei klangschöner Hervorhebung des Soprans.
Die Tocata nona von M. Rossi ließ sehr kontemplative Laute vernehmen. Das folgende „Venite gentes“ von B. Graziani, eine Motette für fünf Stimmen und Basso continuo beeindruckte durch aparten Gesang, die gute Sopranistin und einen ebenso interessanten Coutertenor. Von F. Lombardo ist mit einer Toccata für Harfe ein sehr kurzes äußerst feines Spiel dieses Instruments zu hören. Die Arie „Non più stolti pensieri“ für zwei Stimmen und Tenor sowie Basso continuo von M. Marazzoli gerät sehr bewegt und besticht durch ihre Lyrik.
Schlussapplaus
Die folgende Motette „O Jesu mi dulcissime“ von G. Frescobaldi für den Coutertenor und Basso continuo steigt klangvoll im hohen Kirchenraum auf. Der Dialog zu vier Stimmen und Basso continuo „Indica mihi quem doligit anima mea“ von F. Vitali berührt durch den Gesang der Sopranistin und eine chorale Darbietung der vier Stimmen. Immer ist die Theorbe in der Barockmusik ein Erlebnis der besonderen Art, und das konnte O. Harmelin nun mit Passacaglia von G. G. Kapsperger delikat melodiös vorführen. Der Dialog zu vier Stimmen und Basso continuo „Cristo smarrito, co’l Lamento della B. Vergine“ beeindruckt durch das schöne Wechselspiel von Sopran und den restlichen Stimmen, die sich alle im Finale zu einem Tutti steigern. Von G. Frescobaldi klingt schließlich das „Capriccio sopra la Battaglia“ als Orgelsolo, welches Michele Vannelli mit großer Intensität musiziert.
Ein denkwürdiger Abend mit einer Musik aus ferner Zeit, sehr zum Nachdenken in unserer heutigen geeignet.
Fotos: Veronika Lercher 2-4; K. Billand 1, 5
Klaus Billand