Madrid/Teatro de la Zarzuela: El Juramento - WA am 23. November 2012

Teatro de la Zarzuela

Teatro de la Zarzuela

Wenn man nach Buenos Aires zum „ColónRing“ will, führt ein guter Weg über Madrid, und es war sicher kein Zufall, dass genau an diesem Abend während der paar Stunden des stop overs nach Argentinien zum ColónRing das wunderschöne Teatro de la Zarzuela, in dem nicht nur Placido Domingo große Abende feierte, zu einer WA einlud. „El Juramento“ („Der Eid“) hatte in diesem Theater im Dezember 1858 seine UA, in der erst dritten Saison seines Bestehens. Das Stück wurde ein riesiger Erfolg. Der Librettist Luis de Olona basierte es auf der französischen Opéra Comique „La Rose de Perrone“, die zum in Paris 1840 uraufgeführt worden war, mit der Musik von Adolphe Adam. Hier wie bei Olona spielt der Marquis de San Esteban die Hauptrolle. Olona legte aber Wert auf die Feststellung, dass seine Handlung und die Hauptfigur wesentlich vom französischen Vorbild abwichen. Die Musik stammt von Joaquín Gaztambide, der im 19. Jahrhundert ein bedeutender Zarzuela-Komponist war und auch entsprechende Orchester leitete. Das Stück spielt während der Regentschaft von König Philipp V., eine Epoche, die gern von den Komponisten der „zarzuela grande isabelina“ für ihre Stoffe gewählt wurde. „El Juramento“ spielt in der Zeit des Spanischen Sezessionskrieges (1700-1714), und die militaristische Atmosphäre, die in den Dialogen und Gedanken der Hauptakteure zum Ausdruck kommt, beinhaltet viele und zeitweise auch expressiv vorgetragene Emotionen.

El Juramiernto

El Juramiernto

Der Graf hat eine Ziehtochter, die junge María, in die sowohl sein Neffe Don Carlos als auch der Diener des Grafen, Sebastian, den er großgezogen hat, verliebt ist. Der Graf möchte, dass María Sebastian heiratet, während Don Carlos bereits mit ihr heimlich verlobt ist. Dann kommt der Marquis in Begleitung des 1. Korporals Peralta auf den Plan. Der Marquis ist ein guter Freund von Don Carlos und hat, weil er im Duell einen Rivalen getötet hatte, einen Eid („juramento“) abgelegt, der ihn verpflichtet, auf dem Schlachtfeld, statt am Galgen zu sterben. Die Frist ist am nächsten Tage um, und er sollte in den Sezessionskrieg ziehen. Er bittet um Marías Hand, und der Graf stimmt zu. So würde sie bald darauf eine reiche Witwe und könnte dann seinen Freund Don Carlos heiraten. Don Carlos kann sich so viel freundschaftliche Zuneigung kaum erklären. Als der Marquis dann mit María allein ist, wird ihnen beim gemeinsamen Musizieren am Piano ihre Liebe klar. Die etwas frivole Baroness, die ihre Liebe erkannt hat, bittet Don Carlos um einen königlichen Pardon. Damit ist der Eid aufgehoben, und María kann mit dem Marquis in den Hafen der Ehe segeln…

Auf den ersten Blick wirkt das Stück wie eine italienische Oper etwa von Rossini. Die Partitur ist relativ komplex und durchaus nicht auf Nummern aufgebaut. Es gibt dramaturgisch durchkomponierte Stücke mit eindrucksvollen Chor-Tableaus am Ende. Auch die Dialoge, die sich manchmal zu Quartetten und Quintetten ausweiten, sind geschlossen komponiert, und immer wieder sorgen Arien für kontemplative bzw. reflektive musikalische und stimmliche Höhepunkte. Dann gibt es natürlich längere gesprochene Szenen, die die Handlung ohne Musik vorantreiben und auch durch ihre Länge auf die Verwandtschaft zum Sprechtheater verweisen. Insgesamt stellte sich der Eindruck eines geschlossenen, der italienschen Oper durchaus nicht fernen Stückes mit einiger Dramatik und musikalisch mit viel Psychologie ausgearbeiteten Monologen ein. Miguel Ángel Gómez Martínez konnte das Orchester der Comunidad de Madrid zu beherzten und transparenten Zarzuela-Klängen bewegen.

Saal des Teatro de la Zarzuela

Saal des Teatro de la Zarzuela

Emilio Sagi hatte bereits vor 12 Jahren eine Produktion auf die Bühne des Teatro de la Zarzuela gestellt, die mit ihrer Optik ästhetisch in die Zeit des Sezessionskrieges fällt, ohne jedoch in einen schwülstig historisierenden Stil zu verfallen. Hellgelbe Bühnenwände mit stilisierten Baumassoziationen von Gerardo Totti und modisch dezent stilisierte helle Kostüme des erst kürzlich verstorbenen und offenbar hier sehr verehrten Jesús del Pozo verliehen der bisweilen schweren Handlung federnde Leichtigkeit. Die perfekte Beleuchtung von Eduardo Bravo trug zu der frischen und Stimmungen bestens wiedergebenden Optik bei. Die Personenregie war darauf bestens abgestimmt.

Die bildhübsche Sabina Puértolas sang und spielte die María äußerst engagiert und anmutig mit einem leuchtenden und stets gut geführten Sopran. Sie verfügt nicht nur über schöne Klangfarben und große Wortdeutlichkeit, sondern auch über guten musikalischen Ausdruck. Carmen González fiel dagegen mit ihrem etwas unruhigen und leicht tremolierenden Sopran gesanglich ab, konnte aber durch ihr kokettes Spiel überzeugen. Gabriel Bermúdez sang den Marquis mit einem lyrisch timbrierten Bariton und brachte viel Emotion in seine Monologe ein, so in „Cuál brilla el sol en la verde pradera!“ Darstellerisch hätte etwas mehr Intensität gepasst. Der Bariton von Javier Galán als Peralta war prägnanter. Beide wirkten manchmal wie Don Giovanni und Leporello. David Menéndez sang den Don Carlos mit einem ebenfalls ausdrucksstarken Bariton, und Luis Álvarez gab mit seinem geschmeidigen Bass eine gute Charakterstudie des Grafen. Nur einen komischen Tenor gibt es in dem Stück. Manuel de Diego konnte sich aber gegen diese vier Herren mit seinem klangschönen Spieltenor gut behaupten. Der von Antonio Fauró einstudierte Chor des Teatro de la Zarzualea sang mit viel Verve bei guten Stimmen und war auch sehr lebhaft und dramaturgisch intelligent choreografiert.

Fotos: Jesús Alcántara

Klaus Billand

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