Leipzig: Tannhäuser beim Leipziger Wagner-Festival WAGNER 22 - 26. Juni 2022
Der blinde Telramund
Den „Lohengrin“ dirigierte dann endlich Christoph Gedschold mit einem zufriedenstellenden musikalischen Ergebnis. Die Inszenierung des mit eigenen Operninszenierungen noch recht unerfahrenen künstlerischen Produktionsleiters an der Oper Leipzig, Patrick Baldyga, entstand wohl aus einer Unpässlichkeit, da die eigentlich geplante Neuinszenierung durch Katharina Wagner letztlich nicht zustande kam, auch in Barcelona nicht, wo sie ebenfalls laufen sollte. Somit stellte Baldyga 2002/21 eine „gekürzte Fassung“ her, die in der Saison 2021/22 auf eine normale Inszenierung „gestreckt“ wurde. Die Mangelerscheinungen wurden vielfach offenbar. Der gesamte Chor, und „Lohengrin“ ist eine klassische Choroper, bleibt unsichtbar in eine Art verlängertem schwarzen Kaninchenstall verbannt. Die etwas abstruse Begründung des Regisseurs lautet, dass der Chor ohnehin das Geschehen nicht beeinflusse, was allein den Protagonisten vorbehalten sei. So findet der Lohengrin in einer Art Hinterzimmer-Ästhetik statt, wo ein paar Solisten an ein paar Tischen, die ständig hin und hergeschoben werden (müssen), alles unter sich ausmachen, wie heute oft in der Politik. Nun ja. Dass Ortrud aber eine intime Beziehung mit dem Heerufer hat, wohl nicht zuletzt weil Telramund – nicht ernsthaft begründbar – blind ist, ist an Absurdität wohl kaum zu übertreffen.
Lohengrin und Elsa
Die Sänger machten das Bestmögliche daraus. Klaus Florian Vogt führte wieder seinen Weltklasse-Lohengrin vor, zu dem sein Tamino-artiges astrales Timbre besonders gut passt. Simone Schneider war eine Elsa mit einem Sopran, der nicht nur auf jeder Note reinen Wohlklang beschert, sondern die auch die Rolle des naiven Hascherls, die ihr Baldyga hier abverlangt, bestens interpretierte. Eine erstklassige Elsa! Stéphanie Müther lieferte eine starke vokale Leistung, die vermuten lässt, dass ihr die tiefere Lage dieser Partie im Vergleich zur von ihr auch gesungenen Brünnhilde – zuletzt in Dortmund – besser liegt. Simon Neal sang einen wegen der Blindheit szenisch arg amputierten stimmstarken Telramund. Günther Groissböck, der als König Heinrich ständig mit einer blauen Königskrone herumlief, war der bewährte Interpret dieser Rolle. Mathias Hausmann gab einen prägnanten Heerrufer mit gutem Bariton, allerdings in einem skurrilen Rollenportrait. Dafür konnte er nichts! Der Chor unter Thomas Eitler-de Lint sang auch aus dem Kaninchenstall hervorragend.
Fotos: Kirsten Nijhof
Klaus Billand