BAYREUTH/Festspiele 2013 Pressekonferenz - 25. Juli 2013

Eva Wagner-Pasquier, Katharina Wagner, Frank Castorf

Eva Wagner-Pasquier, Katharina Wagner, Frank Castorf

Zu Beginn sagt der Bayerische Staatsminister Heubisch die weitere volle Unterstützung für die Bayreuther Festspiele zu. Co-Festspielleiterin Katharina Wagner teilt sodann mit, dass die Premiere des „Fliegenden Holländer“ dieses Jahr in über 200 Kinos am selben Abend zeitversetzt übertragen wird. Es wird auch eine DVD erscheinen. Die Kinderoper „Tristan und Isolde“ mit Irène Theorin als Isolde wird am 27. Juli Premiere haben. Zu Beginn sagt der Bayerische Staatsminister Heubisch die weitere volle Unterstützung für die Bayreuther Festspiele zu. Co-Festspielleiterin Katharina Wagner teilt sodann mit, dass die Premiere des „Fliegenden Holländer“ dieses Jahr in über 200 Kinos am selben Abend zeitversetzt übertragen wird. Es wird auch eine DVD erscheinen. Die Kinderoper „Tristan und Isolde“ mit Irène Theorin als Isolde wird am 27. Juli Premiere haben.

Die Festspielleiterinnen

Die Festspielleiterinnen

Mit dem Hinweis, dass die Anwesenden vor allem an Details zur Neuinszenierung des „Ring des Nibelungen“ durch Frank Castorf interessiert seien, gibt sie das Wort an diesen weiter. Der Dirigent Kirill Petrenko, der sich offenbar vor der Premiere nicht geäußert hat, ist nicht anwesend. Katharina Wagner auf Nachfrage von Castorf, warum: „Es kommt öfters vor, dass Dirigenten nicht da sind.“ Auf Bitte Castorfs kommt dann jedoch der Bühnenbildner Aleksander Denic auf das Podium, die brasilianische Kostümbildnerin Adriana Braga Peretzki ist schon dort. Sie geben später aber nur kurze und substanziell relativ begrenzte Statements ab.

Festspielleiterinnen und F. Castorf

Festspielleiterinnen und F. Castorf

So bezeichnet sich Castorf auch gleich zu Beginn als Mitglied eines Außenseiter-Teams, „ein Ostdeutscher, ein Serbe und eine Brasilianerin“. Man habe recht wenig Zeit für diese Inszenierung gehabt, erst vor etwa einem Jahr mit den Vorproben beginnen können, so dass eine solch große Aufgabe durchaus eine gewisse Überforderung darstellt. Er fühle sich zu dem „Patriarchen“ Richard Wagner mit dem 200. Geburtstag mehr hingezogen, als man denken mag und kommt nach einem kleinen Diskurs über Wagners Wanderjahre und seine politischen und intellektuellen Umtriebe zu dem Ergebnis, dass er schließlich zu einem „künstlerischen Terrorismus“ gelangt sei, insbesondere nach den Erfahrungen in Paris. Schließlich habe er sich auch eine Heimstatt gewünscht, das wurde Bayreuth. Eine solche fand auch Bert Brecht in Berlin, von dem sich Frank Castorf geprägt fühlt.

Mit dem Bühnenbildner Denic

Mit dem Bühnenbildner Denic

Er will mit seiner „Ring“-Deutung kein „Konzept“ realisieren, ist auch gegen eine Soziologisierung der Oper. Vielmehr soll es eine Zeitreise sein, die dort anfängt, wo der „Aufbruch in die Illusion“ begann. Der „Ring“ sei ja ohnehin ein eklektizistisches Werk und somit nicht eindeutig festlegbar. Besonders beeindruckt war er immer von der Idee der Route 66, wo man auch andere Kulturen antraf. So fängt das „Rheingold“ dort an, „wo das Leben spannend wurde“. „Was ist heute Gold und Geld – beides ist nicht essbar…?!“ meint Castorf und kommt so auf das Öl, welches zwar auch nicht essbar ist, aber die Vernichtung des Raumes durch Zeit (Karl Marx) und damit das völlige Freisein in dieser Welt bewerkstelligt hat. „Durch das Öl wurden der Lebensraum und die Zeitgeschichte neu geschrieben – gleichwohl ist aber die Welt nicht beherrschbar.“ An der Route 66, einem einfachen Motel mit Tankstelle, will Castorf zeigen, dass es keine Geheimnisse mehr gibt, stattdessen die „Erotik des Verrats“, indem ein Kameramann alles und jedes filmt, was sich dort (auch intim) abspielt. In den USA der 1950/60er Jahre – das ist man dann auch schnell bei A. Perkins, A. Hitchcock und im Prinzip auch schon bei Tarantino. Die Welt lebt von kurzen Momenten, nur das Öl fließt langsame aber bedächtig immer weiter. Seit 150 Jahren ist es nun von entscheidender Bedeutung. A. Nobel und Rockefeller machten damit große Geschäfte, aber auch ein „kurzer Schauer von Stalin“ soll in der „Walküre“ zu sehen sein… Es kommen bekanntlich die Köpfe vom Mount Rushmore, aber sie könnten auch andere Köpfe sein, nur nicht der von Adolf Hitler, wie Castorf auf eine spätere Nachfrage eines Journalisten betont. Er wollte nicht wieder die Nazi-Thematik aufgreifen, zumal er offenbar immer noch jeden Tag über Granitplatten aus der Reichskanzlei in sein Theater in Berlin gehen muss – das sei ihm denn doch zu plakativ vorgekommen. Vielmehr interessierte ihn der antipodische Aspekt USA – Russland im Hinblick auf das Öl, weshalb er nach dem „Rheingold“ nach Aserbeidschan kommt, als es von Russland 1920 okkupiert wurde. So sieht man sich in der „Walküre“ in Baku am Kaspischen Meer wieder. Am Schluss bleibt jemand übrig – es ist Hagen, den Castorf für die interessanteste Figur im „Ring“ hält. „Man weiß nicht, was er machen wird.“ Er ist einer dieser „Nicht-Eindeutigen“ die unter uns sind und die hier auch ihren Platz haben: „Gut, dass sie unter uns sind…!“ meint Castorf mit dem Brustton absoluter Überzeugung.

Mit Staatsminister Heubisch und Kostümbildnerin Braga Peretzki

Mit Staatsminister Heubisch und Kostümbildnerin Braga Peretzki

Und so interessiert den Regisseur auch das Verführerische, das reine Menschsein, auch die reale Klangwelt des „Ring“: „Wenn Fafner gähnt, ist das eine meiner Lieblingsstellen“, sagt er mit einem verschmitzten Lächeln… Er hält Wagners Musik für eine von schlagender Aktualität, wobei besonders das Leitmotivische von Bedeutung ist. So kommt es immer wieder zu einer Wiedererkennung. „Das war wohl auch der Grund, warum Hollywood von dieser Musik beeinflusst wurde (u.a. „Apokalypse Now“).“

Auf die Nachfrage eines Journalisten, warum er die Probenzeit nicht voll genutzt habe, antwortet Castorf: „Das kommt immer wieder mal vor, aber: Ich bin kurz und heftig!“

Das scheint mir auch das Maß zu werden, an dem seine „Ring“-Inszenierung zu messen sein wird…

Fotos Klaus Billand

Klaus Billand vom Grünen Hügel, Bayreuth, 26. Juli 2013