Warum Joachim Löw nun als Fußball-Bundestrainer endgültig ausgetauscht werden sollte! – 10. April 2021
Angesichts der Lage der deutschen Fußball-Nationalmannschaft und der nahenden EM nach der Niederlage gegen Nordmazedonien, mache ich mir – wie natürlich Millionen deutscher Fußball-Fans im ganzen Lande – ernsthaft Gedanken, wie Deutschland bei dieser EM aussehen wird. Dazu habe ich folgende Überlegungen formuliert.
Bevor ich diesen Kommentar zur Situation der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft mit ihrem Trainer Joachim Löw verfasste, las ich mir nochmal meinen letzten Aufruf samt detaillierter Begründung zu einem Abtritts-Vorschlag für Löw durch, den ich nach der 0:6-Niederlage gegen Spanien am 20. November 2020 geschrieben hatte.
Hier der link dazu:
https://www.klaus-billand.com/deutsch/betrachtungen/zu-politischen-themen/warum-joachim-loew-nun-gehen-sollte-20-november-2020.html
Fast genauso, wie die Erklärungsversuche und Verbesserungsvorschläge von Bundestrainer Löw nach der 1:2-Niderlage gegen Nordmazedoenien in der WM-Qualifikation (schon) für 2022 nahezu bis auf den Namen des Landes jenen gleichen, die er bei der Erklärung und seinen Verbesserungs-Überlegungen nach der 0:6-Niderlage gegen Spanien verwandte, so gleichen eigentlich meine eigenen, die ich im Folgenden darlegen möchte, jenen vom 20. November. Ich kann eigentlich nur zur gleichen Analyse und den damit verbundenen Schlüssen kommen wie damals. Auch wenn es also nach Wiederholung klingt, möchte ich hier den entscheidenden Punkt betonen, der meines Erachtens die Niederlage gegen Nordmazendonien beschert hat, die durch einen nicht gegebenen Hand-Elfmeter von Can und einen andererseits fast geschenkten auch 0:3 hätte lauten können. Was wäre eigentlich dann für ein Aufschrei gekommen?! Wäre Löw dann überhaupt noch haltbar gewesen?! Er hätte wohl ad hoc gehen müssen.
Uli Hoeneß hat in seiner Spielanalyse im TV auf RTL diesen Punkt etwas ratlos wirkend hervorgehoben, der in weiterer Folge allerdings allzu wenig Beachtung in der Presse fand. Er monierte nach dem Spiel die nicht nachvollziehbare Umstellung der Abwehr durch Löw von einer Vierer- auf eine Dreierkette, und das bei einer Mannschaft, die die beiden vorherigen Spiele annehmbar verteidigte und zu Null spielte. Genau das ist das (bzw. eines der) Problem(e) von Löw, welches immer wieder zu Tage tritt: Unerklärliche Umstellungen und ähnliche Aktivitäten, wo keine Notwendigkeit besteht.
Bei der EM in Polen 2012 verspielte Löw durch eine nicht nachvollziehbare Umbesetzung der erfolgreichen Mannschaft des Viertelfinales (Herausnahme der gegen Griechenland sehr guten Klose, Reus und Schürrle) das Halbfinale. Er verlor prompt 1:2 durch Tore des bis dahin nicht allzu bekannten Balotelli, sodass alle Beobachter konsterniert waren. Diese unerklärliche Umbesetzung – gegen den klassischen und gerade im Fußball bewährten Spruch „Never change a winning team“ – war damals jedoch ein großes Thema in den Medien.
Nun hat er gegen Nordmazedonien diese Art von Unberechenbarkeit zu Lasten des Ergebnisses wieder bewiesen und erscheint mir auch erneut resistent gegen Kritik auf diesem Gebiet, abgesehen von seinen üblichen Floskeln wie „wir müssen alles genau studieren“, „wir müssen sehen, wo der Hebel anzusetzen ist“ etc. etc. Uli Hoeneß meinte etwa noch relativ freundlich, wohl mit Rücksicht auf Löw, er könne sich nicht erklären, „warum in der Abwehr ohne Not so herumgespielt wurde“. Das hat die Niederlage besiegelt, wenn auch andere Faktoren, wie Müdigkeit, eine Rolle gespielt haben mögen. Aber auch andere Mannschaften hatten im selben Zeitraum drei Spiele zu absolvieren und schnitten sehr gut ab, wie Italien, England, Dänemark und Armenien mit neun Punkten in ihren Gruppen, Armenien als 55. Der Weltrangliste in unserer!.
Es ist nicht davon auszugehen, dass Löw nicht wieder solch unerklärliche und fast schon an das berühmte „Zocken“ erinnernde Maßnahmen ergreift, um ein Spiel vermeintlich besser zu machen oder zu wenden. Das ist seine Art, und die sollten wir uns angesichts der nahenden EM nicht mehr leisten. Wir können sie uns nun einfach nicht mehr leisten!
Fast alles spricht nun dafür, dass Thomas Müller wieder in die Mannschaft kommen sollte. Nicht nur wegen seiner immer noch herausragenden fußballerischen Qualität, sondern auch wegen seiner einenden und charismatischen Persönlichkeit. Ich schrieb schon zuvor, dass Deutschland immer nur eine EM oder WM mit großen Fußball-Persönlichkeiten auf dem Platz gewann. Wenn „Not am Mann“ ist, ist eine solche Persönlichkeit auf den Spielfeld Gold wert, die jungen talentierten, aber noch relativ unerfahrenen Spieler zu motivieren oder gar mitzureißen. Das ist zumal dann wichtig, wenn von der Seitenlinie nichts mehr kommt, wie nun immer wieder beobachtet. Deshalb bleibe ich auch bei meiner Empfehlung, dass Manuel Neuer zumindest bis Ende der EM seine Kapitänsbinde an Müller oder Kroos überlässt. Ein Torwart als Kapitän, und sei er noch so gut und eine noch so große Persönlichkeit, ist nie eine gute Idee. Er ist einfach zu weit weg von den meisten Spielern. Eigentlich eine Binsenweisheit…
Ein Hereinnehmen von Müller und eventuell auch noch Hummels in das EM-Aufgebot, was wohl auch ratsam wäre als erfahrener Akteur in der Abwehr, bedeutete aber einen solchen Gesichtsverlust für Löw, dass dieser allein ihn und damit die Mannschaft weiter schwächen würde. Er wäre mit diesen beiden nicht voll bei der Sache, sie wären nicht die „Seinen“. Und auch das können wir uns nicht leisten. Solche Art von psychologischen Spannungen im Leitungsteam und in der Mannschaft sind bei der Deutschen Nationalmannschaft immer sehr negativ. Man denke zuletzt an den Fall Özil. Das sollte man auf keine Fall unterschätzen.
Eine Übergangslösung mit Stefan Kuntz von der U-21 wäre eine gute Lösung, auch wenn sie nur temporär, also ad Interim sein muss. Er kennt die DFB-Maschinerie und kann all diese Maßnahmen ergreifen ohne jeden vermeintlichen Verlust an Autorität oder Beschränkung des eigenen Egos. Außerdem ginge eine frische Luft durch die Mannschaft, die ihn auch sehr zu schätzen scheint. Sie ist möglicherweise auch schon müde von diesem ewigen „Ausprobieren“ Löws, wagt aber nicht, etwas zu sagen. Übrigens ein großes Problem! Eigentlich sollte auch Bierhoff ausgewechselt werden, aber das erscheint vor der EM administrativ kaum noch möglich. Sicher aber danach.
Was aus einem ad interim werden kann, sieht man an Hansi Flick in München. Eine gute Dauerlösung! Man könnte eine interimistische Bestellung von Kuntz im Erfolgsfall bei der EM auf die WM 2022 ausweiten. Danach, oder eben schon ab der Saison 2021/22, könnte es dann tatsächlich Hansi Flick werden. Wenn aber Hansi Flick entscheiden sollte, nach einem eventuellen Ausscheiden Bayern Münchens auf der Champions League und seiner Auseinandersetzungen mit der Clubführung schon nach dem zweiten PSG-Spiel seinen Vertrag bei Bayern München auflöst, dann sollte er sofort J. Löw ersetzen und die EM weiter vorbereiten und durchführen. Das wäre in der Tat das Beste für die „Mannschaft“, dass sie wieder eine werde. Und es würde auch eine Interimslösung überflüssig machen.
Also, der DFB sollte sich jetzt aufraffen, die Nibelungentreue zu Gunsten Löws abzulegen und ihm den Abschied schon jetzt nahelegen und auch durchziehen. Nur eine Minderheit im Fußballvolk hätte etwas dagegen.
Wenn Löw gegen Frankreich und Portugal gleich zu Beginn scheitert, dann wäre sein Abschied aus der Nationalmannschaft viel schmerzhafter und der DFB stünde ebenfalls vor einer Palastrevolution. Diese ist für mich derzeit klar absehbar. Aber dann werden viele Köpfe rollen! Und Deutschland versänke fußballerisch erst mal im Niemandsland. Als vierfacher Weltmeister! Der DFB sollte im Namen des deutschen Fußballs alles dafür tun, dass es nicht so weit kommt.
Klaus Billand