Leipzig: Die Meistersinger von Nürnberg beim Leipziger Wagner-Festival WAGNER 22 - 3. Juli 2022
Stolzing inmitten von Nürnberg
„Die Meistersinger von Nürnberg“, die von Altmeister David Pountney erst im vergangenen Oktober ihre Premiere an Haus erlebt hatten, wurden sodann zu einem weiteren Highlight von WAGNER 22. Pountneys Inszenierung dreht sich im wahrsten Sinne des Wortes um Nürnberg und die Gesangskunst der Meistergilde in der Stadt im 16. Jahrhundert. Bühnenbildnerin Leslie Travers ordnet das in großen Holzmodellen nachempfundene mittelalterliche Nürnberg im Zentrum eines darum herum angelegten Amphitheaters an, auf dem in der guten Choreografie von Denni Sayers ständig wechselnde Szenen und Bewegungen der Mitwirkenden stattfinden. Die Kostüme von Marie Jeanne Lecca sind ebenfalls aus der Entstehungszeit. Die Schusterstube ist eine sänger-akustisch bestens gebaute behagliche Stube eines Hauses jener Zeit. Pountney weiß, was Sänger brauchen und inszeniert also das Stück aus sich heraus im Sinne eines gelungenen story telling – und siehe da, auch das geht noch!
Der für Hans Sachs vielleicht etwas zu jung wirkende James Rutherford sang die Rolle mit einem wunderbar warmen, bestens artikulierenden klangvollen Bariton und war die tragende Kraft des Abends. Wieder bewies Elisabet Strid mit ihrem herrlichen Sopran, sicheren Spitzentönen, aber auch hoher Emotionalität – zumal in der Loslösung von Sachs und beim Quintett in der Schusterstube – ihre außerordentlichen Qualitäten als Eva. Magnus Vigilius gab einen jungen, sehr gut aussehenden und ungeduldigen Stolzing, den er mit seiner viril timbrierten und nuancenreichen Tenorstimme sehr überzeugend verkörperte. Hier bahnt sich eine große Karriere an, wenn alles richtig gemacht wird. Ende August hat er übrigens in Esbjerg dreimal den Siegfried gesungen. Sebastian Pilgrim war ein souverän auftretender Pogner, Dan Karlström als Einspringer ein guter David und Kathrin Göring eine ausdrucksstarke Magdalena, sowohl darstellerisch wie stimmlich. Der Chor und Zusatzchor unter Thomas Eitler-de Lint waren ein weiteres Mal eine Wucht, zumal beim spektakulärem „Wach auf“. Ulf Schirmer sorgte für wahrhaft meisterlichen Kang aus dem Leipziger Graben.
Am Schluss hielt Pountney einen interessanten Regie-Gag bereit, der durchaus nachvollziehbar war. Stolzing lässt sich – wohl aus Eitelkeit – entgegen der Idee Wagners doch von den „Alt-Meistern“ umgarnen und in ihre Gilde aufnehmen. Eva scheint ihren Augen nicht zu trauen und macht sich unbeobachtet auf und davon…
Fotos: Kirsten Nijhof 1; K. Billand 2
Klaus Billand