CATHERINE FOSTER - Neue Brünnhilde in Bayreuth 2013 - Interview in Hamburg November 2009
“Für mich jedenfalls wäre sie die ideale Brünnhilde im neuen Bayreuther „Ring“ 2013”.
Catherine Foster beim Signieren nach dem "Ring" in Shanghai 2010
Catherine Foster war mir zum ersten Mal am Nationaltheater Weimar aufgefallen, wo sie in den „Ring“-Premieren der Neuinszenierung von Michael Schulz von 2007 bis 2008 alle drei Brünnhilden sang. Wo und wann gibt es schon so etwas – drei solche Rollendebuts in zwei Jahren! Für mich war sie der Star der Produktion, und ich hatte das Glück, sie im vergangenen Mai als „Walküre“-Brünnhilde am Aalto-Musiktheater Essen zu erleben. Auch hier sang sie die Rolle mit einer solchen Leichtigkeit, dass man das Gefühl hatte, sie könne die „Siegfried“-Brünnhilde gleich noch hinterher singen. Das tat sie nun an der Hamburger Staatsoper in der Neuinszenierung von Claus Guth unter der musikalischen Leitung von Simone Young. Im April hatte sie ihr Hamburger Debut bereits mit der „Walküre“-Brünnhilde absolviert.
Isolde in Nizza
Die Anfänge:
Catherine Foster wurde in Nottingham (Großbritannien) geboren und war dort zunächst Hebamme und Krankenschwester. Ihre Familie hat keinen musikalischen Hintergrund – die Mutter war Sekretärin, der Vater Produktionsingenieur. Von 8 bis 18 sang sie im Kirchenchor. Schon früh hatte ihre heutige Lehrerin Pamela Cook ihre Stimme entdeckt. 1993 stand der Entschluss fest, professionell zu singen, und seitdem nimmt sie Unterricht bei Pamela Cook. „Als ich 1989 mein Studium als Hebamme begann, hatte ich die Eingebung, dass ich nicht mehr als 250 Babies zur Welt bringen würde – danach würde mein Leben anders. Nach dem 249. Baby 1995 habe ich also als Hebamme gekündigt.“ Dass ihr damaliger Entschluss richtig war, stellte sich Jahre später nicht nur auf der Opernbühne heraus: „2008 räumte meine Mutter den Dachboden in Nottingham auf. Sie fand ein altes Schulbuch, in dem die Frage stand: „Was möchtest Du gern werden, wenn Du einmal erwachsen bist?“ Im Alter von 10 Jahren hatte ich damals geschrieben, dass ich bereits mit drei wusste, Hebamme und Sängerin werden zu wollen. Ich hatte dazu zwei Figuren gezeichnet – eine Krankenschwester und eine Sängerin.“
Ihre Ausbildung und erste Rollen: 1995 riet Pamela Cook Catherine Foster, am Birmingham Conservatoire vorzusingen, wo sie dann auch für ein Vierjahresstudium akzeptiert wurde. Nach dem 2. Jahr (1997) gewann sie den Dame Eva Turner Award und konnte damit an das Royal Northern College of Music Post Graduate wechseln (1997-98). Dort hörte sie Peter Moores und sponserte ihr ein einjähriges Studium am National Opera Studio London von 1998-99. Er ermöglichte ihr 1998 auch einen einmonatigen Aufenthalt in Pesaro bei Alberto Zedda. Pam war fest davon überzeugt, dass die Koloraturarbeit eine gute Übung für eine gesunde Stimme ist. „Man kann keine Koloraturen singen, wenn die Stimme fixiert ist – sie muss sich frei bewegen können. Deshalb glaubte man am National Opera Studio London, dass ich das Joan Sutherland Repertoire singen sollte, weil es im Rahmen meiner Möglichkeiten lag. Pamela Cook glaubte stets, dass ich ein jugendlich-dramatischer Sopran sei. Sie war nicht so glücklich, dass ich immer in die Koloratur-Rollen gedrängt wurde, wie Lucia, glaubte aber, dass ich sowohl diese wie das jugendlich dramatische Fach singen konnte, auch als einen gesunden Weg, die Stimme zu erhalten. Sie machte mir auch klar, dass der Charakter der jeweiligen Rolle zu meiner Persönlichkeit passen musste, um glaubwürdig zu sein.“ Zehn Jahre später hat Catherine natürlich viele jener Rollen abgelegt, die sie damals interessierten. Sie offenbart bei aller Begeisterung für ihren Beruf eine klare Sicht auf die pragmatischen Seiten dieser Tätigkeit, ein Hinweis auf ihre hohe Professionalität. Sie fühlt ein großes Maß an Verantwortung, möchte ihre Freude am Singen auf das Publikum übertragen, gleichzeitig aber ihre Stimme so einsetzen, dass sie noch viele Jahre aus ihr schöpfen kann. „Und dabei fühle ich mich immer noch als Studentin, will immer wieder etwas Neues dabei lernen…“ Heute singt Catherine über 3.5 Oktaven.
Nach der Isolde Nizza
Seit 2001 am Nationaltheater Weimar:
Bis heute ist sie ihrer ersten Bühne Weimar treu geblieben und hat sich hier nach und nach wichtige Rollen erarbeitet. Die Zusammenarbeit mit dem Intendanten Michael Schulz ab der Spielzeit 2002-03, der später den neuen Weimarer „Ring“ inszenierte, spielte hierbei eine große Rolle. Eigentlich sollte sie in diesem „Ring“ die Freia und die Sieglinde singen. Dann kam aber 2006 ihr Debut an der Semperoper Dresden mit der Kaiserin in „Die Frau ohne Schatten“. Es wurde ein großer Erfolg. „Michael Schulz fragte mich gleich, ob ich nicht die Brünnhilde in „Walküre“ singen wolle in Weimar. Ich konnte damit aber erst mal nichts anfangen. Ich studierte weiter Sieglinde bis Dezember. Aber es gefiel mir einfach nicht, what a wally! So bat ich eines Tages einen Repetitor am Haus, ob wir nicht einmal etwas Brünnhilde singen könnten. Und siehe da, es klappte bestens, und es war ein Gefühl, als sei ich zu Hause angekommen.“ Sie lernte die Rolle in weniger als 12 Wochen, nachdem sie acht Monate an der Sieglinde gearbeitet hatte. Dazu kam die „Siegfried“-Brünnhilde. Dann studierte sie auch noch die „Götterdämmerung“-Brünnhilde ein und erlebte ein furioses Debut im Juli 2008. Frau Vollung in Weimar brachte Catherine gutes Deutsch bei. Noch heute geht sie zu der immerhin schon 80-jährigen Dame.
Ihr Credo:
„Die Partien, auch die heldischen bei Richard Wagner, müssen vor allem gesungen werden.“ Dass ihr Schwergewicht auf der gesanglichen Leistung liegt und Spitzentöne nie forciert werden, oder die Gesangslinie zu Gunsten eines dramatischeren Ausdrucks verlassen wird, das wird man bei Catherine Foster nicht erleben. Die Gesangskultur steht für sie eindeutig im Vordergrund. Und das liegt auch daran, dass sie mit Pamela Cook erst die Koloratur-Rollen erarbeitet und relativ oft gesungen hat. Es kommt für die Brünnhilde aber noch etwas hinzu: „Ich habe jetzt acht Jahre Bühnenerfahrung und zwei Jahre Bühnenerfahrung als Brünnhilde. Es ist aber nicht nur diese Bühnenerfahrung – es ist auch die Lebenserfahrung.“
Walküre mit H. J. Mayer in Amsterdam 2013
Wie steht sie zur Musik Richard Wagners, und was bedeuten die drei Brünnhilden für sie?
„Eigentlich fühle ich mich sowohl als Verdi- wie als Wagner- und R. Strauss-Sängerin. Ich liebe alle drei Komponisten aus dem einen oder anderen Grund. Als ich mit dem Gesangsunterricht begann, sagte ich, dass ich zu singen lernen wollte, aber nicht, um Opernsängerin zu werden und keinesfalls, um Wagner zu singen. Damals war ich 21 Jahre alt. Dann lernte ich aber zum Ende meines Studiums „Dich teure Halle…“ und sang später in Weimar die „Tannhäuser“-Elisabeth. Eine sich langsam, aber nachhaltig entwickelnde Liebe zu Wagner entstand. Die Brünnhilde ist faszinierend, allein schon vom Text her.“ So bitte ich sie, die drei Brünnhilden, die sie ja recht schnell hintereinander erarbeitete, zu charakterisieren. „Die Brünnhilde der „Walküre“ ist noch auf eine Art chat aus, sie will das Gespräch, redet sehr viel. Es gibt keine wirklich großen Höhepunkte. Erst am Schluss bricht die Emotion aus ihr heraus. Die „Siegfried“-Brünnhilde wird sich klar über ihre Abstammung von Erda und was das für sie und ihre Beziehung zu Siegfried bedeutet. Nun erst versteht sie, was alles in der „Walküre“ passiert ist. Sie stellt fest, dass sie nicht mehr göttlich ist, entwickelt dafür aber eigene Gefühle als Mensch. All das macht ihr aber auch Angst. Die „Götterdämmerung“-Brünnhilde geht schließlich durch alle Höhen und Tiefen menschlicher Emotionen. Betrug, Bruch mit dem Vater in der Waltraute-Szene, unvorstellbarer Betrug durch Siegfried. Der einzige, bei dem sie in dieser Notlage um Hilfe ansuchen kann, ist Hagen, und auch er betrügt sie. In ihrem wunderbaren Schlussgesang stellt sie fest, dass sie die ungeschützte Heldin ist, die die Welt vom Fluch erlösen muss. Wotan hat die Liebe zur Macht – Brünnhilde hat die Macht der Liebe!“ Besser kann man diese drei Rollen wohl kaum beschreiben…
Ihre weiteren Pläne: In Bezug auf ihr Richard Strauss-Repertoire gibt es auch schon ein weiteres interessantes Projekt. Ende Februar 2010 will sie in Weimar mit der Elektra debutieren. Diese Rolle ist auch in Köln im Herbst 2010 geplant.
Im Wagnerfach geht es natürlich weiter. Sie studiert bereits die Isolde ein, mit der sie in einer WA in Frankfurt/Main im Frühjahr 2011 debutieren will. Im Budapester „Ring“ im Musikpalast wird sie im Juni 2010 im Rahmen der Richard Wagner Tage als „Walküre“- und „Götterdämmerung“-Brünnhilde auftreten. Sie will aber nicht nur das deutsche Fach singen, das findet sie für die Stimme ungesund. Deshalb hat sie auch mit großer Freude in Weimar die Tosca und Turandot gesungen. „Dabei fühle ich mich immer sehr wohl.“ Pro Jahr singt Catherine etwa 35-40 Aufführungen.
Nicht erst bei diesem Interview ist mir klar geworden, dass sich mit Catherine Foster ein äußerst hoffnungsvolles Talent für die großen Frauenrollen von Wagner und Richard Strauss entwickelt hat und sicher mit der Einstellung, die sie zu ihrem Beruf hat, weiter entwickeln wird. Dabei ist keineswegs Einseitigkeit zu konstatieren. Sie will und kann sehr gut und zu jeder Zeit auch das italienische Fach singen und andere dramatischere Rollen, wie die „Fidelio“-Leonore. Für mich jedenfalls wäre sie die ideale Brünnhilde im neuen Bayreuther „Ring“ 2013.
Fotos: Isolde Szenenfoto Nizza – D. Jaussein
Brünnhilde Amsterdam – M. Borggreve
Restliche – K. Billand
Klaus Billand