BAYREUTH/Festspielhaus: Festakt Wieland Wagner - Juli 2017

Claudia Mahnke mit Hartmut Haenchen

Claudia Mahnke mit Hartmut Haenchen

Nun sind die meisten Opernfestspiele vorbei oder nähern sich ihrem Ende, sodass ein wenig Zeit zur Reflektion bleibt. Eine solche fand im Bayreuther Festspielhaus am Vorabend der diesjährigen Festspiele anlässlich des 100. Geburtstags des Wagner-Enkels und genialen Regisseurs Wieland Wagner statt. Die Festspielleitung in Zusammenarbeit mit den Kindern Wieland Wagners veranstaltete dazu einen Festakt.

Unter der musikalischen Leitung des diesjährigen „Parsifal“-Dirigenten Hartmut Haenchen begann das Festspielorchester den 2,5-stündigen Abend vor voll besetztem Haus mit der Ouvertüre zu „Rienzi, der Letzte der Tribunen“. Schon hier fiel der große Unterschied im Klang auf, wenn das Orchester statt im „mystischen Abgrund“ auf der Bühne platziert ist.

Die Festspielleiterin Katharina Wagner begrüßte sodann das Publikum mit einigen Bemerkungen zu ihrer Sicht Wieland Wagners und dem Zustandekommen des Abends. Sie betonte, dass er aufgrund einer vertrauensvollen Zusammenarbeit der Festspielleitung mit den Kindern Wieland Wagners gestaltet worden sei. Für sie war Wieland Wagner eine hochkomplexe Künstlerpersönlichkeit, ja gar eine mythische Figur, der sie sich nur langsam annähern konnte, zumal sie erst 22 Jahre nach seinem Tod zur Welt kam. Beginnend mit einer anfänglichen Entfremdung handelte es sich hierbei um einen Prozess respektvoller Näherung. Wieland war für sie aber auch eine theaterhistorische Figur, zumal viele Elemente seiner Inszenierungen, die suggestiven Bilder und seine Theatervisionen noch heute ihren Wert haben und die Patina, die sich hier und da gebildet hat, dabei keine Rolle spielt. Für Katharina Wagner liegt in der künstlerischen Arbeit Wieland Wagners auch viel Magie. Schließlich betont sie ein wichtiges Bekenntnis ihres Onkels: „Bayreuth muss Werkstatt bleiben!“ Es bedarf stets neuer Ideen, auch als Alternativen zu guten, die sich aber mit der Zeit abgenutzt haben könnten. Sie beschloss ihre Begrüßung mit dem Ausdruck der Hoffnung, dass dieser Abend in guter Erinnerung bleiben möge.

Danach spielte das Festspielorchester Drei Bruchstücke aus der Oper „Wozzeck“ für Sopran, Orchester und Kinderchor ad. lib. Op. 7. Claudia Mahnke sang die Marie mit großer stimmlicher Flexibilität.

Sir Peter Jonas

Sir Peter Jonas

Nun folgte der zentrale Programmpunkt des Festakts, die Festrede von Sir Peter Jonas mit dem Titel „Wieland Wagner – eine persönliche Betrachtung“.

Jonas holte zunächst weit aus und begann mit Vincenzo Bellini, den Wagner sehr schätzte und als „den sanften Sizilianer“ bezeichnet hatte, obwohl der sizilianische Komponist, zumal in seinem Privatleben, alles andere als das gewesen sein. Dabei soll es auch gewisse Parallelitäten zu Richard Wagner gegeben haben. Jonas hebt aber hervor, was künstlerisch alles möglich gewesen wäre, wenn der bereits mit 34 Jahren Verstorbene und 10 Opern hinterlassende Komponist so lange wie Wagner gelebt hätte. Dann kommt Jonas auf John F. Kennedy zu sprechen, der wie Wieland Wagner im Jahre 1917 geboren wurde, eine große Figur des 20. Jahrhunderts war, ein Reformer, charismatisch, als junger Mann attraktiv und für viele ein politischer und moralischer Held. Jonas sieht ihn aber auch negativ als „moralisches Rätsel auf zwei Beinen“, der Anfang 1961 die Welt an den Rand eines Krieges gebracht hat und aus heutiger Sicht als fehlbar – wie wir alle – angesehen werden muss. Eine persönliche Note: Zufällig wurde Kennedy 1963 ermordet als Jonas zum ersten Mal die Bayreuther Festspiele besuchte. Und so kommt er zu den Windsors, einer ursprünglich deutschen Familie, um danach zu kommentieren, dass die Amerikaner ihre Kennedys haben, die Briten ihre Windsors und die Deutschen eben ihre Wagners, wobei jedoch hervor zu heben ist, dass bei allem „Gedöns, Gerede und Gerangel“ diese Dynastie „aus der Kultur heraus geboren ist und für künstlerische Werte steht“. Bayreuth ist dabei ein wichtiges Forum für künstlerische Auseinandersetzung im Wertekontext Europas, eine Auseinandersetzung, die Jonas heute für wichtiger als je seit 1945 hält, da sich andere Länder Europas im Hinblick auf bedeutende europäische Werte auf Deutschland verlassen. Er bezeichnet die Bayreuther Festspiele auch als eine „Wetterfahne, die anzeigt, wie Deutschland über die Schrecken der Vergangenheit … reflektiert.“

Und so kommt er auf Wieland Wagner zu sprechen. Jonas spart zunächst nicht mit Details über die „willige, aber naive Verführung“ Wielands durch den Nationalsozialismus und die besondere Nähe, die die Familie durch Winifred Wagner zu Adolf Hitler pflegte, wobei er aber hervorhebt, dass Wieland, als Hitler Reichskanzler wurde, gerade einmal 16 Jahre alt war. Jonas meint, es muss dem jungen Mann geschmeichelt haben, dass dieser so prominente Mann als sein „Onkel“ galt und sich so für ihn interessierte. Später, u.a. mit seiner Befreiung vom Wehrdienst und der Abstellung in ein Bayreuther Außenlager des KZs Flossenbürg, konnte er sogar seine ästhetischen und technischen Theaterideen entwickeln. Jonas vermutet, dass ihm durch den einen oder anderen Häftling Informationen über die Zustände in Flossenbürg und anderen Lagern zugetragen wurden und es dann bei Wieland zu einer „rätselhaften, aber erlösenden Erleuchtung“ kam. Berichten der Familie sei zu entnehmen, das Wieland Wagner in dieser Zeit verschlossener wurde, vielleicht in eine Art innere Emigration ging. Er sprach später niemals von der Vergangenheit, was seine Tochter Nike mit den Worten beschrieb: „Scham macht stumm!“ Wieland Wagner selbst meinte später rückblickend, dass er in jener Zeit ein „Gefangener seiner Kindheit“ war, und Peter Jonas ist sich sicher, dass er dabei Makel und Narben davon trug. Aber, und das ist nun ganz bedeutsam, seine Jugend unter diesen problematischen Umständen habe ihn zu dem Mann und Künstler gemacht, der er später wurde, „und sein Leben als Künstler, das wir heute feiern“.

In der nach dem Krieg beginnenden Ära des Neu-Bayreuth, ein Begriff, den weder Wieland noch Wolfgang Wagner erfunden haben, sondern die Presse, sieht Jonas eine Beeinflussung des „Ultra-Konzeptualisten“ Wieland Wagner durch den „Ultrarealisten“ Walter Felsenstein, den er sehr bewunderte und der ihn auch in Fragen der Theaterpraxis beeinflusste. Im Neu-Bayreuth sieht Jonas eine „Wiederbelebung der deutschen und europäischen Theatertradition“, auch wenn die Wurzeln schon vor dem Krieg an der Krolloper zu sehen waren. Die fundamentalen Änderungen in der Ästhetik Neu-Bayreuths kommentiert er sodann an einem Bild des 3. Aufzugs von „Siegfried“ in der Inszenierung von Wieland Wagner aus dem Jahre 1954 mit Wolfgang Windgassen und Martha Mödl im Moment der Erweckung Brünnhildes durch Siegfrieds Kuss. Jonas sah das Foto sieben oder acht Jahre nach der Wiedereröffnung der Festspiele. Er zeigte sich begeistert von der sog. „Wieland-Scheibe“, dem weich ausgeleuchteten Rundhorizont und der ansonsten leeren Bühne. „Einfach, schlicht, episch und zugleich hinreißend erotisch und zutiefst beeindruckend in der Betonung von Raum und Maß – es vermittelt die Illusion, diese Bühne sei von unendlicher Größe und wird zu kosmischem Raum.“ So charakterisiert Jonas diesen Moment in Wieland Wagners Inszenierung…

Und das Foto wurde Auslöser für den Wunsch von Peter Jonas, selbst nach Bayreuth zu kommen, was ihm als Student zum ersten Mal 1954 gelang. Für die jungen Studenten aus dem Vereinigten Königreich, die nur einen „Hyper-Realismus“ auf der Opernbühne kannten, war Wielands Ästhetik eine Art „Schocktherapie“ und machte sie süchtig nach Schallplatten mit Richard Wagners Musik. Damit hat Wieland Wagner diese jungen Studenten mit seiner Ausstattung und Regie „noch vor dem Film inspiriert – der prägenden Kunstform des 20. Jahrhunderts.“

Sodann weist Peter Jonas auf die große Bedeutung des griechischen Theaters für die Theaterarbeit Wieland Wagners hin. Dieser schrieb dazu: „Das griechische Theater ist für mich das Theater an sich. Aischylos, Sophokles und Euripides, vor allem Euripides, stehen am Anfang des Theaters überhaupt und vor allem am Anfang des Werkes Richard Wagners. Je griechischer also der Wagnersche Mythos inszeniert wird, desto mehr entspricht eine Inszenierung dem Urbild der Wagnerschen Vorstellung.“ Peter Jonas sieht aber auch „Wielands verworrene ödipale Reise durch die Jahre seiner Jugend“ ausschlaggebend dafür, dass er ein großer Theaterregisseur wurde. „Wieland Wagner besaß, was Aristoteles in typischer Luzidität als die drei Eigenschaften bezeichnete, die eine große künstlerische Führungspersönlichkeit auszeichnen: Er hatte die technischen Fähigkeiten für den Job (Ethos); er verstand die Bedürfnisse der Künstler, Techniker und Verwalter, mit denen er arbeitete, und fand Lösungen für sie (Pathos); und seine Argumente waren stichhaltig, umfassend und sinnvoll (Logos). Ethos, Pathos und Logos – das sind die Fundamente inspirierender Führerschaft. Wenn diese drei Eigenschaften sich dann auch noch mit echter Vision verbinden, dann können die Ergebnisse politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Berge versetzen.“ Noch eindringlicher und bedeutungsvoller kann man die künstlerischen und Führungsqualitäten Wieland Wagners wohl kaum umschreiben.

Danach kommt Peter Jonas auf einige persönliche Anekdoten seiner ersten Besuche der Bayreuther Festspiele zu sprechen. 1964 per Anhalter von London nach Bayreuth getrampt, verbesserte er sich in den Folgejahren vom Zelten im Wald hinter dem Festspielhaus immerhin bis zur Jugendherberge und tauschte solange die umkämpften Karten, bis man in der für die knappe Finanzen erträglichsten Klasse im Festspielhaus saß. Mehrere Abende wurden verbotenerweise auch auf der Beleuchtungsbrücke verbracht. Das Größte war es aber, wenn er und seine Freunde aus dem Vereinigten Königreich Wieland oder Wolfgang Wagner am Bühneneingang zu sehen bekamen. Stets hatten sie ein nettes Wort für sie übrig, und es war für sie das Wichtigste, auch wenn es mit dem Deutsch etwas haperte, dass sie angenommen wurden. 1967 bekam Jonas sogar von Wolfgang Wagner eine Logenkarte für den „Lohengrin“ mit Jess Thomas geschenkt, ein Erlebnis, von dem er noch Jahre später zehrte.

Der absolute Höhepunkt in jenen Jahren war für Peter Jonas aber „Tristan und Isolde“ in der Inszenierung von Wieland Wagner mit Karl Böhm am Pult. „Der zweite Akt wurde zu einem Schlüsselerlebnis für mich“, vor allem wegen der visuellen Darstellung. „Tristan und Isolde, fast zwergenhaft klein, vor einem riesigen, phallischen Monolithen mit zwei schräg zueinander versetzten Löchern, von denen aus lange Flecken nach unten verliefen, als
hätte der Stein Tränen geweint. Ein Phallus, ein Grabstein, ein Ur-Gestein – ein Mythos– ein unbeweglicher Monolith der vorherrschenden Strukturen unserer Gesellschaft, der einen Schatten wirft auf das erotische und emotionale Chaos, das uns erwartet, wenn wir gegen den Sittenkodex verstoßen.“ Spätestens hier wurde Peter Jonas klar, dass Wieland Wagner „ein inspirierender Theatergeist, ein brillanter Analytiker und Interpret, und ein Meister des Designs“ war. Und hier zieht Jonas den Bogen zurück zu Bellini, für dessen „Norma“-Inszenierung Richard Wagner eine zusätzliche Arie für den Oroveso komponiert hatte. Möglicherweise hätte Wieland Wagner, wenn er länger gelebt hätte, auch „Norma“ und „I Puritani“ inszeniert, „vielleicht nicht hier, aber in Stuttgart, München oder Berlin – und eventuell sogar in Catania!“ Und seine Interpretationen wären sicher sehr interessant gewesen.

Gegen Ende seiner Festrede geht Sir Peter Jonas noch auf das Thema der Erlösung im Werk von Richard Wagner ein und wie er es aus der Sicht seines Enkels Wieland Wagner deutet. „Dass Wieland Wagner so still war über seine Vergangenheit und seine Verführung durch Adolf Hitler, untermauert seine Beschäftigung mit Erlösung nicht nur in seinem Werk, sondern auch in seinem Leben.“ Und so kommt Jonas zu dem Schluss: „Ich bin kein moralischer Philosoph und kein Historiker, aber ich bin mir sicher: Unsere Theaterwelt hätte sich nicht so entwickelt, wie wir sie heute kennen, so reich, so frei und so progressiv, ohne die Leistungen von Wieland Wagner, besonders hier auf dieser Bühne bei diesen Festspielen.“ Dabei fand Wieland Wagner „seinen persönlichen Ausweg durch die Kunst, womit er nicht nur sich selbst sondern auch diese Festspiele erlöste – durch einen Prozess, den sein Bruder fortführte und nach ihm die nächste Generation bis zum heutigen Tag. Ein Prozess, der, wie wir hoffen, auch in Zukunft fortgeführt werden wird.“ Dabei sollten die Bayreuther Festspiele ein „Workshop für kreative Elemente sein, in dem Künstler frei den Status quo verschieben können. Die Künstler müssen die Dramaturgen der Gesellschaft sein.“ Am Ende kommt Peter Jonas zu einem wohl mehr als passenden Schlusswort: Wieland Wagner „hat das kathartische Ziel des Musiktheaters in seiner reinsten Form erreicht: die Seele nicht nur zu suchen, sondern sie zu berühren. Wir schulden es seinem Vermächtnis: unsere Vergangenheit nicht mehr und nie wieder unter den Teppich zu kehren und nie wieder zu schweigen.“ Lang anhaltender Applaus im voll besetzten Festspielhaus!

Nun spielt das Festspielorchester Ausschnitte aus dem 4. Akt von Verdis „Otello“ (Fassung Milano 1887) mit Camilla Nylund als Desdemona, Christa Mayer als Emilia und Stephen Gould als Otello. „Das Lied von der Weide“ singt Camilla Nylund mit großer Emphase, feiner Lyrik und bester Diktion, hat aber auch den nötigen Aplomb für die geforderte Attacke. Manchmal scheint ihre Stimme zu schweben. Im Orchester lässt Hartmut Haenchen dazu wunderbare Piani vernehmen. Christa Mayer und Stephen Gould singen ihre kurzen Parts ebenfalls mit großer Intensität. Starker Beifall.

Wolf-Siegfried Wagner

Wolf-Siegfried Wagner

Im Anschluss richtet Wolf-Siegfried Wagner „Worte an meinen Vater“ und macht einige sehr persönliche Anmerkungen. Er hebt Wieland Wagners Verdienste um den Neu-Bayreuther Stil hervor, die Entrümpelung der Bühne und damit auch um die Abrechnung mit der Zeit davor. Unter anderem, so mit einigen Einlassungen zur Rolle seiner Großmutter Winifred, macht Wolf-Siegfried Wagner dazu folgende Kommentare: „Der Geist von Wieland Wagner ist hier noch, irgendwo…“ „Mit einer Scheibe und Licht hast Du den Karren aus dem Dreck gezogen!“ „Du hast Richard gereinigt und gerettet.“ „Du wurdest zum Minimalisten.“ „Mir hast Du gesagt, dass Du Dich hasst, weil Du Dir fremd bist.“ „Du bist geschichtlich verstrahlt.“ Etc. Wolf-Siegfried Wagner übergibt am Schluss wieder an Katharina Wagner mit dem Erheiterung im Publikum hervor rufenden Kommentar: „Katharina, bist Du am Amt?“ Viel Applaus auch für ihn.

Zum Abschluss spielt das Festspielorchester unter Hartmut Haenchen das Vorspiel und die Verwandlungsmusik aus Wagners „Parsifal“, und zwar mit den Ergänzungstakten von Engelbert Humperdinck. Dieser schrieb vier von Richard Wagner gebilligte Überleitungstakte hinzu, damit ein Teil der Verwandlungsmusik im 1. Aufzug wiederholt werden konnte. Darauf wurde jedoch ab 1883 durch eine Veränderung der Maschinerie für die Wandeldekoration verzichtet. Im Programmheft für den Festakt wird vermutet, dass erstmals seit der Uraufführung die Verwandlungsmusik am 24. Juli 2017 mit den Zusatztakten Humperdincks aufgeführt wurde – ein aufführungsgeschichtlicher Moment also!

Im Programmheft befindet sich auch eine interessante Chronologie der Aufführungen Wieland Wagners nach: „Wieland Wagner – Sein Denken“ hrsg. von O. G. Bauer, 1991. Sie zeigt all seine Arbeiten als Bühnenbildner, Regisseur, oder beides von 1936 bis 1966. Darunter befinden sich auch Werke von Siegfried Wagner, Carl Maria von Weber, Christoph Willibald Gluck, Ludwig van Beethoven, Carl Orff, Georges Bizet, Giuseppe Verdi, Richard Strauss und Alban Berg.

Postskriptum:
In einer interessanten Ausstellung zum 100. Geburtstag von Wieland Wagner im Richard Wagner Museum Bayreuth mit dem Titel „Es gibt nichts ‚Ewiges’. Wieland Wagner – Tradition und Revolution.“ gibt der Enkel Richard Wagners im Rahmen von Interviews, die die Besucher über Kopfhörer mit Blick auf den Park der Villa Wahnfried hören können, einige weitere Details zu seiner Sicht der Aufführung des Wagnerschen Oeuvres wieder. So schildert er, dass der begonnene Weg der Abstraktion weiter gegangen werden müsse, da die Bildwelt des 19. Jahrhunderts für ihn endgültig gestorben sei. Auch Wagner habe sie schon nicht für gut befunden. Ideen seien mit Mitteln der Spätromantik schablonenhaft ausgeführt worden. Das spiegelte sich oft auch in historischen Kostümen wieder. Es sei eine Verkleinerung des Komponisten und Theatermannes Richard Wagner, ihn mit den Mitteln des 19. Jahrhunderts zu interpretieren. Theater bedeute ständigen Wechsel und dürfe nicht petrifiziert werden. Und dabei suchte Wieland Wagner das archetypische Theater, wobei er schon bei der Generalprobe an Neues dachte. Auch im „Tristan“ hätten sich Klischees entwickelt und es sei deshalb seine Aufgabe, gegen diese Klischees anzuarbeiten, und zwar mit der Formensprache unserer Zeit. Immer wieder seien zeitgemäße Formen, neue Ausdrucksformen zu finden, damit „Tristan und Isolde“ und andere Werke Wagners lebendig bleiben. Dabei bedeute Theater Konzentration auf das Wesentliche.
Die noch bis zum 19. November 2017 dauernde Ausstellung gibt diese Grundüberzeugungen Wieland Wagners in anschaulicher Weise wieder. Ein Besuch ist sehr empfehlenswert.

Fotos: Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath

Klaus Billand

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