Kommentar in der WELT zu Philippe Jordans Kommentaren zum Regietheater auf den Artikel von Manuel Brug vom 5.10.2022
Kommentare zum – Wagnerschen – Regietheater aus prominentem Munde
Phillippe Jordan im Konzerthaus Wien 2019
Völlig unabhängig von dem derzeitigen professionellen Hintergrund, vor dem Philippe Jordan seine Vorbehalte gegenüber dem vor allem bei Wagner mit erschreckender Rasanz aus dem Ruder laufenden Regietheater geäußert hat, sind seine Kommentare höchst ehrwürdig und durchaus mutig. Denn er hat noch eine lange Karriere vor sich. Auch wenn diese nicht mehr an der Wiener Staatsoper stattfinden wird.
Inszenierungen von zuletzt Tristan und Isolde in Aix en Provence und an der Wiener Staatsoper, sowie Parsifal ebendort unter Roscic, Lohengrin bei den Salzburger Osterfestspielen 22, sowie Die Meistersinger von Nürnberg und Der Ring des Nibelungen an der Deutschen Oper Berlin, der neue Ring in Bayreuth 22, sowie der gerade laufende neue Ring an der Staatsoper Berlin zeigten und zeigen – leider – weiterhin, wo das sich in keiner Weise um ein Publikum scherende Wagnersche Regietheater, durch großzügige öffentliche Subventionen unterhalten und von Intendanten gedeckt, die sich nicht gegen diesen vermeintlichen – krankhaft hyperintellektualisierten – Mainstream stemmen wollen, die Oper, zumal die Wagner-Rezeption, führen wird.
Stark abnehmendes Publikumsinteresse, welches nach der Pandemie viel genauer hinschaut als vorher, bei gleichzeitiger Nichtgewinnung neuer und vor allem junger Publikumsschichten wird die zwangsläufige Folge einer Werke-Verfremdung zugunsten einer Verarbeitung individueller Befindlichkeiten von Regisseuren sein. So wird die Kunstform Oper auch dem ehemals begeisterten Publikum immer mehr entfremdet und wohl in ihrer authentischeren Form nach Asien und Ozeanien abwandern, vielleicht noch in einige Mittelmeerländer.
Es ist Philippe Jordans großer Verdienst, der sich möglicherweise auch noch als solcher herausstellen wird, dass nun einmal ausgesprochen zu haben. Leider wird das aber weiter oben, in der Kulturpolitik, meist ganz anders gesehen. Und sie ist für die Bestellung der Entscheidungsträger wie Kulturstaatssekretäre und Intendanten bzw. Theater-Direktoren zuständig und verantwortlich.
Foto: Klaus Billand
Klaus Billand