Las Palmas de Gran Canaria: Il Tabarro / Le Villi - 17. Februar 2025
Starker Puccini

Los Amigos Canarios de la Ópera – ACO sind eine exzellente Gruppe von Opernliebhabern, die am wunderschönen Teatro Pérez Galdós in der Inselhauptstadt Las Palmas de Gran Canaria nun schon in die 58. Temporada gehen, auch weiterhin stets in Gedenken an den großen Sohn der Stadt, Alfredo Kraus. An diesem Abend landeten die ACO mit der Premiere der Eigenproduktion von Giacomo Puccinis „Il tabarro“ und seiner ersten Oper „Le Villi“ in der Regie des hier ebenso bewährten wie beliebten Regisseurs Daniele Piscopo wieder einen ganz großen Erfolg. Es ist bemerkenswert, welch gute Arbeit hier im musiktheatralischen Sinne bei stets großer Nähe zur Werkaussage geleistet wird und was für erstklassige Sänger immer wieder engagiert werden, die auch an den größten Häusern der Welt auftreten.

Das waren an diesem Abend die drei großen Protagonisten, der Tenor Jonathan Tetelman als Luigi in „Il tabarro“ und Roberto, mit einem Rollendebut, in „Le Villi“; die Sopranistin Carmen Giannattasio als Giorgetta in „Il tabarro“ und Anna, ebenfalls mit Rollendebut, in „Le Villi“; sowie der Bariton Dario Solari als Michel in „Il tabarro“ und Guglielmo in „Le Villi“. Jonathan Tetelman hat mittlerweile mit seinem kraftvollem Tenor Weltklasse-Niveau erreicht. Seine Stimme ist ausdruckstark, farbenreich und total höhensicher mit starkem Aplomb, was besonders in der dramatischen Arie des Roberto am Ende der „Villi“ offenbar wurde. Italianità ist seine Sache nicht, muss es aber angesichts seiner stattlichen Gesamterschinung und seiner Spielintensität auch nicht sein.

Carmen Giannattasio beeindruckte nicht nur als Giorgetta im „Tabarro“, wo sie eindrucksvoll die gespaltene Persönlichkeit der Frau Micheles und Liebhaberin Luigis verkörperte und auch mit glühenden Klängen musikalisch zum Ausdruck brachte. Als Anna in den „Villi“ wurden auch ihre dramatischen Qualitäten gefordert, die sie bestens meisterte, dazu darstellerisch intensiv in einer sehr guten Personenregie.

Beide passten in ihren jeweiligen Rollen perfekt zusammen und trugen damit den spannenden und emotional einnehmenden Abend. Der sehr gute und mit herrlichem baritonalem Wohlklang sowie exzellenten Höhen ausgestattete Dario Solari gab einen starken und souveränen Michele sowie einen am sinnlosen Tod seiner Tochter verzweifelten, aber zu allem entschlossenen Vater Guglielmo in den „Villi“. Auch die weiteren Rollen waren sehr gut besetzt.

Wenn man die „Villi“ zum ersten Mal hört, ist man überrascht und beeindruckt von der Dynamik und der bisweilen fast Wagnerschen Intensität der Tonsetzung, die Puccini hier bei seinen Opernerstling bereits an den Tag legte und die schon weite Schatten auf „Tosca“ und „Turandot“ wirft. Es war die Erstaufführung der „Villi“ am Haus in Las Palmas. Daniele Piscopo, auch für die Ausstattung verantwortlich, inszenierte beide Stücke mit großer dramaturgischer Intensität im stets intensiven und passenden Licht von Grace Morales. Im „Tabarro“ legte er noch viel Wert auf eine veristische Darstellung des Bühnenbildes, in dem sich alles auf oder vor dem alten Frachtkahn Micheles abspielte. Die gute und auf die angespannten Emotionen aller Beteiligten angelegte Personenregie ließen diese Bilder sehr lebendig werden.

In den „Villi“ war, durchaus werkspezifisch, ein höherer Abstraktionsgrad zu erkennen, bei dem Piscopo in einem reduzierten Bühnenbild viel Aktion den tanzenden Villis überlies, aber auch einer noch intensiveren Lichtregie von Morales. Das machte insgesamt und mit den großartigen Leitungen der Sänger sowie der Compañía de Danza unter der Leitung von Natalia Medina einen starken Eindruck und ließ die Frage aufkommen, warum „Le Villi“ nicht öfter zu sehen ist.

Der junge Maestro Lorenzo Passerini dirigierte das Orquesta Filarmónica de Gran Canaria sehr engagiert und mit dem rechten Händchen für Puccini. Olga Santana leitete den guten Coro del Festival de Ópera. Das Premierenpublikum von Las Palmes war begeistert und spendete allen Beteiligten völlig zu Recht lang anhaltenden Applaus.
Fotos: Nacho Gonzales Oramas / ACO
Youtube video podcast: https://www.youtube.com/watch?v=ir-5BIjm57k&t=10s
Klaus Billand