LINZ/Brucknerfestival: Beijing Symphony Orchestra - 13. September 2013
LI Kexin und Dr. Christoph Leitl
Im Rahmen des vom neuen Künstlerischen Leiter der LIVA/Brucknerhaus, Prof. Hans-Joachim Frey, ins Leben gerufenen Internationalen Kultur- und Wirtschaftsforums trat das renommierte Beijing Symphony Orchestra unter der Leitung von Tan Lihua im Großen Saal des Brucknerhauses auf. Vor Beginn des gut besuchten Konzerts noch vor dem offiziellen Eröffnungstermin des Brucknerfestivals 2013 unterstrichen Dr. Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich, und LI Kexin, Botschaftsrat für Kultur der Botschaft der Volksrepublik China in der Republik Österreich, ihre Überzeugung, dass Kultur und Wirtschaft in enger Verbindung miteinander stehen und man sich durch Kultur besser verstehen und schätzen lernt. Gerade China sei ein uraltes Kulturvolk, „und es ist die Kultur die Brücke, über die wir gemeinsam gehen.“ Speziell die Musik ist die internationale Sprache, die uns einander näher bringt.
Das Orchester
Das Orchester hatte sich ein anspruchsvolles Programm ausgesucht, mit zwei höchst interessanten chinesischen Titeln, i.e. „Reba“ von Fang Keijie und „Chou Kong Shan“ von Guo Wenjing, ein Konzert für chinesische Bambusflöte und Orchester. Darauf folgten Modest Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“. Den Abschluss bildeten Auszüge aus den Suiten Nr. 1 und 2 op. 64a und b von „Romeo und Julia“ von S. Prokofjew.
Tang Jun Quiao
Der Geiger Fang Keijie gilt als einer der markantesten Komponisten der gegenwärtigen chinesischen Musikszene und hat eine große Anzahl von Werken zur Chinesischen Oper geschrieben, ist also stark in der kulturellen Tradition seiner Heimat verhaftet. Die sinfonische Ouvertüre „Reba“ verweist auf einen tibetischen Tanz. Sie beginnt mit zarten Klängen gefolgt von dunkel intonierendem Blech. In einem fast hymnisch klingenden Streicherteppich sind die hervorragenden Celli, zehn an der Zahl, besonders gut herauszuhören. Im Verlauf stellt sich akzentuierte Rhythmik ein – zeitweise begleitet von einem Glockenspiel – und einem intensiven Crescendo bis zum fulminanten Abschluss – ein wunderbares Musikstück!
Tang Jun Quiao
Tan Lihua
Nach der Pause kann Tan Lihua mit dem „Bildern einer Ausstellung“ nicht ganz an die Begeisterung anschließen, welche die beiden chinesischen Stücke entfachten. Es fehlt dem Orchester etwas an Fluss, die Übergänge gelingen nicht immer leicht. Lihua dirigiert auch etwas zurückhaltend – vielleicht zu zurückhaltend, um den Gang durch die Ausstellung von Bild zu Bild klanglich vollkommen anschaulich zu machen, die „große psychologische Freske“, wie es im Programmheft formuliert wird. Mehr orchestrale Differenzierung gelingt ihm mit dem Beijing Symphony dann schon in den Auszügen aus den Suiten Nr. 1 und 2 op. 64a und b von „Romeo und Julia“ von S. Prokofjew. Hier sind neben viel Rhythmik auch beeindruckende Momente des Innehaltens zu hören. Im Laufe der acht Sätze, Montecchi und Capuleti, Julia als Mädchen, Volkstanz, Madrigal, Masken, Romeo und Julia, Tybalts Tod und Romeo am Grade Julia, kann das Orchester die ganze Bandbreite dieser wunderbaren Musik ausloten. Dabei erklingen auch hymnische Augenblicke. Das schwere Blech besticht dabei mit besonderer Qualität.
Frey, Lihua und Quiao
Das begeisterte Publikum schafft es, Lihua mit seinen beherzten Musikern insgesamt fünf Zugaben zu entlocken! Die erste ist ein Volkslied aus Puccinis „Turandot“, wie man es so oft schon hörte und nun aus den Instrumenten dieses chinesischen Ensembles einen zusätzlichen Reiz an erhöhter Authentizität erhält. Als zweite Zugabe gibt man den Ersten Ungarischen Tanz von Johannes Brahms, ebenfalls sehr gekonnt. Dann schließt sich ein kurzes chinesisches Stück an, gefolgt von der „Feuerfestpolka“ von Josef Strauss. Den Abschluss bildet der Slawische Tanz Nr. 1 op. 46 von Antonin Dvorak. Damit bewies das Beijing Symphony Orcchestra, dass es nicht nur bestens die chinesische Musik zu vermitteln weiß, sondern auch sicher im europäischen Repertoire unterwegs ist – ein großes und in der Erinnerung bleibendes Konzert und formidabler musikalischer Auftakt des Brucknerfestivals 2013.
Fotos: Klaus Billand
Klaus Billand