Salzburg/Festspiele – Wiener Philharmoniker unter Herbert Blomstedt - 29. August 2021

Honegger at his best!

Herbert Blomstedt mit den Wienern

Herbert Blomstedt mit den Wienern

Es ist allein schon ein Erlebnis, den Doyen der Salzburger Dirigentschaft, Herbert Blomstedt, der bereits im 94. Lebensjahr steht, auf das Podium des Großen Festspielhauses schreiten zu sehen und wie er dann noch im Stehen Arthur Honeggers Symphonie Nr. 3 – „Liturgique“ und nach der Pause die Symphonie Nr. 4 e-Moll op. 98 von Johannes Brahms dirigiert. Das hatte einen Anstrich von ultimativer Einzigartigkeit. Wenn man Honeggers „Liturgique“ mit ihren drei christlich beschriebenen Sätzen ‚Dies Irae‘ – Allegro marcato; ‚De profundis clamavi‘ – Adagio und ‚Dona nobis pacem‘ – Andante, aus der Hand von Blomstedt mit den Wiener Philharmonikern hört, erscheint es völlig unverständlich, dass der Saal nicht vollbesetzt war, dem Publikum das Programm also offenbar nicht interessant genug erschien.

Ebenfalls

Ebenfalls

Honegger hat diese Symphonie unter dem Eindruck des II. Weltkrieges in den Jahren 1945/46 geschrieben, und in diesem Kontext muss sie auch gesehen, gespielt und gehört werden. Schon im Kopfsatz mit dem „Tag des Zorns“ als Ausdruck des Jüngsten Gerichts kommt das zum Ausdruck, und Blomstedt vermag die Philharmoniker hier mit klarer und moderater Gestik zu genau einer solchen Interpretation zu beflügeln. Ein besonderer Moment ist das Finale des dritten Satzes „Gib uns Frieden“ in dem Blomstedt das Ensemble nach einem martialisch kriegerischen Aufbrausen animiert, nach dem der Satz mit einem Violinsolo und der Piccoloflöte – akustisch die Hoffnung auf Frieden verkörpernd – ausklingt. Als Herbert Blomstedt nach dem letzten Ton fast eineinhalb Minuten die Arme still hält, um diesen Moment in seiner ganzen Tragweite zu würdigen und nicht durch Applaus zerstören zu lassen, scheint die Welt einen Moment den Atem anzuhalten…

Großer Applaus

Großer Applaus

Mit der 4. Symphonie von Johannes Brahms begann der zweite Teil der Matinee, und Blomstedt ließ mit großer Eleganz und Leichtigkeit die spätromantischen Klänge dieser letzten Symphonie von Brahms aus dem Jahre 1885 mit den Wienern erklingen. Trotz der Detailverliebtheit in die herrlichen Melodien hielt Blomstedt stets den großen Bogen im Blick und dirigierte die wundervolle und so beliebte Symphonie mit seiner ganzen langjährigen Brahms-Erfahrung – ein passender Kontrapunkt zum weit mehr Aufmerksamkeit fordernden Honegger vor der Pause. Es ist zu hoffen, dass dieser große Maestro den Salzburger Festspielen noch lange erhalten bleibt. An ihm scheint es nicht zu liegen!

Fotos: Marco Borrelli/Salzburger Festspiele

Klaus Billand

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