Luxemburg/Vianden, Tétange, Ettelbrück: Cia. Ópera Minaz - 28.-30. Juni 2019
Brasilianisch-Luxemburgische Kultur-Kooperation
Schloss Vianden
Im letzten Jahr waren der luxemburgische Liedbegleiter und Dirigent Radu Pantea aus Luxemburg und ich in Brasilien und haben dort Meisterklassen in Gesang organisiert, u.a. an der Universität von Riberão Preto, wo wir auch die jungen Sängerinnen und Sänger der Cia. Ópera Minaz kennen lernten. Mit ihnen gab Radu Pantea als Abschlusskonzert die „Petite Messe Solennelle“ von Gioacchino Rossini auf dem Uni-Campus. Unter der Rubrik „Feuilleton“ wurde über die Meisterklassen in Brasilien und auch über die Cia. Ópera Minaz, eine Opern-Compagnie in Riberão Preto im Bundesstaat São Paulo, im Dezember 2018 detailliert berichtet.
Schloss Vianden
Als Follow-up zur Arbeit in Brasilien konnten wir mit luxemburgischen Partnern eine Vorstellungstournee der Cia. Ópera Minaz mit 16 Sängerinnen und Sängern sowie zwei Pianisten und den beiden Gründern und Direktoren der Compagnie, Ivo Rinhel D‘Acol und Gisele Ganade, vereinbaren. Dazu konnte eine substanzielle finanzielle Unterstützung der luxemburgischen Veranstalter gewonnen werden. Die folgenden drei Konzerte wurden somit durchgeführt:
G. Ganade dirigiert brasilianische klassische und Volksmusik auf Schloss Vianden
Im beeindruckenden mittelalterlichen Schloss Vianden gab es am 28. Juni ein Konzert für Chor a capella mit brasilianischer klassischer und Volksmusik. Auf dem Programm standen unter anderen Antonio Carlos Gomes (der „Verdi Brasiliens“ mit Ausschnitten aus seiner bekannten Oper „Il Guaraní“), Heitor Villa-Lobos, Antonio Carlos Jobim, Vinícius de Moraes, Newton Mendonca, Chico-Buarque de Holanda, Assis Valente, Aylton Escobar, Ronaldo de Miranda, Jorge Ben Jor mit Samba, Folklore, Bossa-Nova etc. Das Konzert im schönen Rittersaal des Schlosses wurde musikalisch geleitet von Gisele Ganade. Das Ensemble konnte hier seine große Vielseitigkeit in der Nuancengebung der verschiedensten und zum Teil auch sehr bekannten brasilianischen Songs (u.a. „Garota de Ipanema“ und „Aquarela do Brasil“) zu Gehör bringen. Alle sangen mit viel Engagement, wie man es von den Brasilianern kennt. Die Begeisterung und Motivation, einen für sie bedeutenden Ausschnitt ihrer Kultur hier vorzustellen zu können, war offensichtlich. Es gab lang anhaltenden Applaus des Publikums und einige Zugaben.
Die alte Schungfabrik
In der alten Schungfabrik (Schuhfabrik) von Tétange ging es am 29. Juni mit dem eigentlichen Hauptprogramm, der „Petite Messe Solennelle“ von Gioacchino Rossini für Chor, zwei Klaviere und Harmonium weiter. Radu Pantea hatte dieses Stück in Riberao Preto mit dem Ensemble der Cia. Ópera Minaz wenige Wochen zuvor im Rahmen einer von Tiago Carneiro Lima, CEO der Firma Lima e Falcao Avogados in Recife, Pernambuco, gesponserten Reise einstudiert. Die Solisten waren Isabela Mestriner Machado, Mariana Cunha und Anita Furlan (Soprane), Felipe Cardoso Rissatti (Countertenor), Sasha Ganade und Pedro Coelho (Tenöre) sowie Luis Felipe Sousa und Marcos Pinafo (Bässe). Radu Pantea hatte die musikalische Leitung. Der Direktor der Schungfabrik, Guy Assa, stellte großzügigerweise das interessante Gebäude mit seinem großen Saal für das Konzert zur Verfügung und lud alle zum anschließenden Abendessen ein.
Radu Pantea dirigiert die "Messe Solennelle" in der Schungfabrik
Man merkte gleich, dass die Gruppe diese wunderschöne Messe von Rossini bestens einstudiert hatte. Der führende Pianist, Gaspar Martin, Franzose, war aus Paris gekommen, der zweite Pianist, Mathis Calzetta, ebenfalls Franzose, aus Genf. Pantea dirigierte mit viel Verve, engstem Blickkontakt zu den Sängern und hob die dramatischen Momente der „Petite Messe“ hervor. Er legte insbesondere Wert auf die Transparenz der einzelnen Chorgruppen, die in ausgezeichneter Staffelung in den komplexen Fugen einsetzten und für kräftige vokale Farben sorgten. Insbesondere Gaspar Martin sorgte am Piano für die rhythmischen Impulse. In der Schungfabrik beeindruckte Claudio Ribeiro, ein Brasilianer, der aus Holland gekommen war, auf dem Harmonium durch eine ungewöhnlich attraktive Klangentfaltung.
Kirche von Ettelbrück
Am 30. Juni schließlich trat das Ensemble dank der Großzügigkeit und des Interesses von Pfarrer Maurice Péporté der Kirche St. Sebastian in Ettelbrück auf, auch wieder mit der „Petite Messe Solennelle“. An diesem Nachmittag schien alles wie verzaubert, was sicher auch an dem ebenso spirituellen wie inspirierenden Raum der – bei ca. 38 Grad C draußen -angenehm kühlen Kirche lag. Beflügelt von der guten Stimmung und der hohen Motivation des Ensembles dirigierte Radu Pantea die Messe diesmal sogar ohne Partitur und konnte sich damit noch mehr mit den einzelnen Musikern befassen. Es war spannend von unten zu sehen, wie er den Chorsängen insbesondere in den Fugen ihre Einsätze gab, ihnen den Text andeutete und parallel dazu auch die abseits stehenden Instrumentisten einband und sie alle zu klanglich sehr differenziertem und kontrastreichem Musizieren animierte. Das war schon hohe Kunst des Dirigierens. Die Sängerinnen und Sänger der Cia. Ópera Minaz gaben an diesem Nachmittag ihr wohl Allerbestes, und das war sehr sehr viel. Die „Petite Messe“ erklang vom Orgelbalkon oftmals klanggewaltig, dann wieder mit subtilem Piano. Die Solisten traten mit klar artikulierten Soli hervor, wie auch die Klaviere und die Orgel an den ihnen zugewiesenen Stellen. Sehr kontemplativ gelang Claudio Ribeiro an der Orgel das „Prélude Religieux“ zum Offertorium. Pfarrer Péporté lud alle zum Abschluss der Tournee zu einem Gedankenaustausch in ein gutes Ettelbrücker Restaurant mit Luxemburger Spezialitäten ein.
Radu Pantea dirigiert die "Messe Solennelle" auf der Orgelempore
Von den Solisten sollen hier besonders genannt sein Felipe Rissatti mit seinem klangvollen und höhensicheren Coutertenor, Isabela Mestriner Machado mit ihrem schon zur Dramatik neigenden Sopran und Luis Felipe Sousa mit seinem ausdrucksstarken samtenen Bass. Die „Petite Messe Solennelle“ erklang an diesem Nachmittag alles andere als „Petite“, und das kam auch beim Publikum in der Kirche unten sehr gut an. Es spendete lang anhaltenden Beifall, aber eine Zugabe nach dieser „Messe“ wollte und konnte Pantea auch nicht geben. Ihr Schluss lässt das einfach nicht zu.
Die fünf Tage, die das Vokalensemble der Cia. Ópera Minaz in Luxemburg weilte, waren für alle ein großes Erlebnis, neben der künstlerischen Dimension auch in der menschlichen. Denn viele persönliche Kontakte konnten geknüpft werden und sind ganz bestimmt ein großer Wert an sich für diese jungen Menschen, auch im Sinne der Völkerverständigung. Natürlich sprach man gleich vom Wiederkommen, dann aber im Rahmen eines Opernprojektes. Im Gespräch ist „Ariadne auf Naxos“. Es wäre schön, wenn relevante öffentliche Institutionen Luxemburgs bei einem möglichen nächsten Mal den Wert solcher internationaler künstlerischer Kooperation gebührender erkennen würden und für die dementsprechende umfassende finanzielle Unterstützung sorgten.
Fotos: Klaus Billand
Klaus Billand