Bayreuth/Studiobühne Bayreuth: Heda! Heda! Hedo! - 27. Juli 2018

Der “Ring” für Handy-JüngerInnen…

Steingräber-Palais Bayreuth

Steingräber-Palais Bayreuth

Uwe Hoppe, der Leiter der Studiobühne Bayreuth, ist ein sehr fantasievoller und engagierter Mann. Schon des Öfteren sorgte er mit seinen Stücken auf der Studiobühne Bayreuth in der Innenstadt auf dem Hoftheater im Steingräber-Palais, in dem die weltbekannte Klaviermanufaktur Steingräber & Söhne beheimatet ist, mit interessanten, durchaus kontroversen, stets aber humoristischen Vorstellungen für Unterhaltung, weitab des Grünen Hügels. So auch dieses Jahr wieder. Er schrieb 2017 das Stück „Heda! Heda! Hedo!“ in Anlehnung an den Gewitterzauber, den Donner im Finale des „Rheingold“ zusammen mit Froh entfacht, ein starker Moment am Vorabend des „Ring des Nibelungen“ von Richard Wagner. Der Untertitel ist „What the Fuck is Wagner“. Und wenn man den Beginn des Stückes erlebt, denkt man in der Tat sofort an die tolle Filmkomödie „Fack ju Göthe“ basierend auf der Komödie von Bora Dagtekin, die laut Wikipedia im Jahre 2013 in Deutschland mit 5,6 Millionen die meisten Kinobesucher hatte. Uwe Hoppe hat mit großer Kenntnis der „Ring“-Welt ein überaus humorvolles und gleichzeitig auch gesellschaftskritisches Stück geschrieben und inszeniert. Denn es greift die in erheblichem Maße und gerade im Handy-Zeitlater zu beobachtende Ignoranz der heutigen Jugend zur Oper allgemein, aber zu Wagners Tetralogie im Besonderen auf. Michael Bachmann schuf das Bühnenbild und Heike Betz die Kostüme. Licht & Ton lagen in den Händen von Ronald Kropf, und die Maske gestaltete Yvetta Wontroba. Die UA war am 14. Juli 2017.

Auf der Suche nach dem ("Ring"-)Theater

Auf der Suche nach dem ("Ring"-)Theater

So marschieren vier Jugendliche (Lukas Stühle als Wilhelm, Anja Kraus als Roswitha, Finn Leible als Caspar und Annette Lauckner als Hedwig) gleich mit ihren Handys auf und suchen im noch dunklen Theaterraum den Eingang zum Theater, nicht wissend, was da wohl gespielt werden könnte. Natürlich dienen die Handys als Orientierungsinstrumente, den Kopf kann man dann ja bekanntlich getrost abschalten… Sie finden den Eingang, rennen eine Holzwand nieder und treffen auf das ältere Ehepaar Max (Frank Joseph Maisel) und Esche (Conny Trapper). Und dann geht es los. Das Ehepaar gibt sich wie die Gralshüter des „Ring“ und führt über lange Schleifen die Jugendlichen zum Inhalt und in die hinter dem „Ring“ stehende Ideenwelt Wagners ein. Und siehe da, langsam aber sicher beginnen die jungen Leute sich zu interessieren und spielen engagiert sogar die Rollen der „Ring“-Figuren. Sie selbst werden das Theaterstück, das sie suchten! Dabei werden oft auch die Rollen getauscht. Es ist unglaublich kurzweilig und amüsant, dem zuzusehen.

Siegmund im Zweifel

Siegmund im Zweifel

Nur zwei Leseproben zur Illustration: Caspar: „Also, wir müssen da durch. Das verstehen Sie doch? Also, bitte, wenn Sie entschuldigen…“ Max: „Keine Passage ohne Parole“. Esche: „Das fehlte noch“. Max: „Fürchtet des Felsens Hüter.“ Esche: „Noch hält unsere Hand der Herrschaft Haft“. Wilhelm: „Was quatschen die alten Säcke da für Kauderwelsch?“ Roswitha: „Komm jetzt! Vier junge gegen zwei alte, das wär doch gelacht“… Die Referenz zu „Siegfried“, 3. Aufzug, ist unverkennbar.

Conny Trapper mit zwei jungen "Ring"-Begeisterten

Conny Trapper mit zwei jungen "Ring"-Begeisterten

Und eine spätere Stelle: Hunding: „Genau dich suche ich nämlich. Keiner mischt sich ungestraft in unsere Sitten und Gebräuche ein. Wir verschachern unsere Töchter wem wir wollen. Die Schlampen haben zu gehorchen. Wer sich da einmischt, den löschen wir aus. So wie ich dich jetzt.“ Sieglinde: „Halt, Hunding! Auf einmal gilt das heilige Gastrecht wohl nicht mehr. Du verteidigst eure Sitten und Gebräuche wohl nur, wie es dir in den Kram passt.“ Hunding: „Dann soll er halt bleiben über Nacht. Am Leben bleiben aber tut er nicht. Morgen früh gibt’s ein Duell.“ Sieglinde: „Er hat keine Waffe.“ Hunding: „Ist das mein Problem? Pech für ihn. Ich geh zu Bett. Mach mir meinen Kakao und bring ihn mir ins Schlafzimmer.“ Siegmund: „Scheiße! Verdammte Schleiße! Verfluchte Scheiße! Ich steck bis zum Hals im Morast. Vater! Vater! Hilf mir jetzt! … Ohne die Frau wäre ich schon erledigt. Ich kann nicht mehr.“ Und so weiter…

Schlussapplaus

Schlussapplaus

Die sechs Schauspieler beweisen großes Talent in der Darstellung ihrer diversen Rollen. Es gibt nie einen Textaussetzer bei unglaublich viel Text, fast 70 Seiten im DIN A-5 Format für eine Spieldauer von 2 Stunden und 20 Minuten mit einer Pause! Hoppe hat sich somit auch da an Wagner orientiert… Es ist zu hoffen, dass ihm 2019 wieder so etwas Gutes einfällt.

Fotos: 2-4 Thomas Eberlein; 1 und 5 Klaus Billand

Klaus Billand

Der Ring des Nibelungen

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